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Anna-Maija Mertens. © Transparency International Deutschland

25JahreDialog: Lass uns über Geld reden! Blogbeitrag von Anna-Maija Mertens

Dr. Anna-Maija Mertens, vormals Leiterin des Finnland-Instituts, ist seit Dezember 2014 als Geschäftsführerin von Transparency International Deutschland tätig. Der folgende Beitrag basiert auf einem Vortrag, den sie im April 2019 auf der Jahrestagung der Leitungen der Kultur- und Wissenschaftsinstitute Finnlands hielt.

Transparency International ist eine Antikorruptionsorganisation und keine Transparenzorganisation. Auch wenn Transparenz prominent in unserem Namen vorkommt, ist sie für uns nur ein Mittel zum Zweck. Allerdings ein mächtiges Mittel.

Die Forderung nach mehr Transparenz ist für unsere Arbeit damit begründet, dass Korruption ein Dunkeldelikt ist, das heißt, dass die meisten korruptionsbezogenen Straftaten nicht gemeldet werden, weil sie schlichtweg unentdeckt bleiben. Zunächst wissen ja nur die Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer von den korruptiven Vorgängen und die Opfer – Steuerzahler, Kunden, Bürgerinnen und Bürger – stellen keine Strafanzeige, weil sie keine Kenntnis davon haben. Und doch sind sie als Opfer direkt von diesen Vorgängen betroffen, weil sie die Zeche zahlen müssen: wenn Preise aufgrund von Preisabsprachen steigen oder wenn die Qualität abnimmt, weil der Auftrag durch Schmiergeldzahlungen und nicht durch ein qualitativ möglichst gutes Angebot zustande gekommen ist.

Um solche und ähnliche Prozesse, Strukturen und Vorgänge von außen überprüfen und nachvollziehen zu können, brauchen wir Transparenz. Je mehr Macht und Geld im Spiel ist, desto mehr Transparenz brauchen wir.

Inzwischen ist dieses Denken weitgehend in der Politik und in der Wirtschaft angekommen. Es ist vollkommen selbstverständlich, dass Parteispenden oder Nebentätigkeiten von Abgeordneten veröffentlicht werden – wenn auch aus unserer Sicht noch nicht in ausreichendem Maße. Auch kann man viel über die Unternehmensstrukturen – Eigentümer, Beteiligungen, etc. – über das Handelsregister erfahren. Nur die Zivilgesellschaft bleibt nach wie vor weitgehend im Dunkeln. Warum eigentlich?

Ein Grund hierfür scheint zu sein, dass das alte Freund-Feind-Denken immer noch existiert. Wenn Transparency Deutschland bei der Zivilgesellschaft anklopft und mehr Transparenz verlangt, wird nicht selten erwidert, dass wir uns wohl an der Tür vertan hätten – hier seien ja nur „die Guten“ zu finden.

Diese Denkweise ist verheerend. Nicht nur, weil unsere rechtlichen Rahmenbedingungen es erlauben, dass sich hinter der zivilgesellschaftlichen Fassade auch andere Akteure verbergen. Vielmehr ist es sonderbar, davon auszugehen, dass die einzelnen Akteure der Gesellschaft in Gut und Böse zu unterteilen sind und dass folgerichtig einzelne Akteure aus den gemeinsamen Spielregeln gänzlich herausgenommen werden können.

Aber das wichtigste Argument für mehr Transparenz in der Zivilgesellschaft ist nicht etwa eine Vermutung, dass dort nicht alles mit den rechten Dingen zugeht. Das wichtigste Argument lautet, dass Transparenz die Institutionen stärkt. Transparenz macht sprechfähig. Insbesondere im Kulturbereich kämpfen viele Akteure um wenige Mittel; hier muss sichergestellt werden, dass die Kulturschaffenden selbst diese Verteilung kennen und in der Lage sind, ihre Position adäquat auch gegenüber der Politik zu vertreten. Die Tabuisierung der Grundlage der Kulturarbeit macht die Kulturschaffenden und den gesamten Sektor schwächer, nicht stärker.

Die zivilgesellschaftlichen Institutionen – auch die Kulturinstitutionen – haben es selbst in der Hand, wie sie über Geld und Macht kommunizieren. Sie können wählen, in der Defensive zu bleiben und auf die angebotenen Möglichkeiten zu reagieren. Oder sie handeln proaktiv und beginnen, die Kulturarbeit auch in finanzieller Hinsicht selbst zu gestalten.

Transparency International Deutschland e.V.

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Das Finnland-Institut wird im Herbst 2019 25 Jahre alt. Als erstes Kultur- und Wissenschaftsinstitut Finnlands im deutschsprachigen Europa wurde es Ende September 1994 eröffnet. In diesen 25 Jahren war der Dialog zwischen den finnischen Partnern und den Akteuren vor Ort in Deutschland, Österreich und der Schweiz zentral in der Tätigkeit des Finnland-Instituts. Diesen Dialog haben im der Laufe der Jahre die vielen Personen und Persönlichkeiten ermöglicht, die sich im Namen des Finnland-Instituts für den Austausch zwischen den Ländern engagiert haben. In unserer Blog-Reihe #25JahreDialog kommen im Laufe des Jahres einige von ihnen zu Wort.

Anna-Maija Mertens ist seit Dezember 2014 als Geschäftsführerin von Transparency International Deutschland tätig. Von 2010−2014 war die promovierte Politikwissenschaftlerin Leiterin des Finnland-Instituts.

Valtiotieteen tohtori Anna-Maija Mertens on toiminut Transparency International Deutschland -kansalaisjärjestön toiminnanjohtajana joulukuusta 2014 lähtien. 2010−2014 hän toimi Suomen Saksan-instituutin johtajana.

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