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© Tuomas A. Laitinen

Mobile Home 2017: Interview mit dem Künstler Tuomas A. Laitinen

Es ist eine durchaus futuristisch anmutende Szenerie, die die Besucher des Finnland-Instituts zurzeit erwartet: die Rauminstallation Thermocene des finnischen Künstlers Tuomas A. Laitinen. Das Werk ist Teil des transnationalen Projekts Mobile Home 2017, das von den Finnland-Instituten in Berlin, Brüssel, London und Paris gemeinsam entwickelt wurde. Mobile Home 2017 beschäftigt sich mit räumlichen, psychischen und sozialen Aspekten von Heim und Heimat in Zeiten globaler und verschränkter Mobilität. Diese Situation kennt auch Laitinen, der ständig unterwegs ist, gut. Er ist zurzeit einer der angesagtesten Künstler Finnlands; seine Werke wurden außer in Finnland auch u.a. in den USA, Korea und der Ukraine gezeigt.  Laut Laitinen haben sein Leben und Arbeiten im Ausland eine Situation geschaffen, in der das „Heim“ bzw. Zuhause zu einem dynamischen Gedanken geworden ist: Der Begriff ist statt mit einem bestimmten Ort oder Land eher mit Menschen, Situationen und unterschiedlichen Empfindungen verbunden.

Internationalität und Mobilität haben auch Laitinens Schaffen beeinflusst. In seinen Werken beschäftigt er sich mit der Nutzung natürlicher Ressourcen, Urbanisierung und globaler Wirtschaft.

„Manche von meinen Werken behandeln den globalen Wandel, den Materialkreislauf und ökologische Fragen. Die Themen sind mit dem Zustand der Umwelt und den Mechanismen der Wirtschaft verbunden. Es war wichtig für mich zu realisieren, dass meine eigenen Erfahrungen sehr wichtig sind, um Wissen weitergeben zu können. Deshalb habe ich die Orte besucht, an denen die mit meinen Werken verbundenen Prozesse sichtbar sind.“

Laitinen zählt zu den interessantesten und angesehensten Akteuren der Kunstszene Finnlands. Er ist u.a. dafür bekannt, in seinen Werken Licht, Ton und Video zu kombinieren. Auch in der Installation am Finnland-Institut sind von Laitinen geschaffene Videowerke zu sehen. Der Künstler versucht in seinen Werken Stellung zu aktuellen Themen zu nehmen und den Zuschauern neue Blickwinkel zu eröffnen.

„Ich versuche eine Situation zu schaffen, in der der Deutungshorizont offen bleibt. Ich denke, wenn Dinge durch irgendeine Art von überraschend absurder Logik auf den Kopf gestellt werden, findet man durch die Kunst oft eine Möglichkeit, die Welt aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Es macht mir Sorgen, dass das vorherrschende System so starke Umweltzerstörung und soziale Ungleichheit verursacht. Die Kunst könnte meiner Ansicht nach eine geeignete Herangehensweise darstellen, über alternative Narrative für die Zukunft nachzudenken, so dass es möglich wird, diese Fragen ganzheitlicher zu betrachten.“

Laitinen findet in verschiedenen Quellen Inspiration. Für die Berliner Rauminstallation Thermocene spielten Science-Fiction-Literatur und Ökofeminismus eine Rolle. Laut Laitinen ist sein Schaffen in einen umfassenderen Prozess eingebunden, in dem zugleich Einflüsse früherer Arbeiten sichtbar sind. Laitinen hat sich beispielsweise schon jahrelang mit dem Materialkreislauf befasst, was in Thermocene stark reflektiert wird.

„Eine Installation ist ein Raum, mithilfe dessen man zum Beispiel Wärmedämmung und Materialkreislauf thematisieren kann. Die unterschiedlichen Elemente in Thermocene beziehen sich auf die Architektur der Tiere, Mikroben und den Begriff der Zuflucht. Stromerzeugung und Energieverbrauch und die damit verbundenen ökologischen Fragen stellen ein wesentliches Thema unserer Zeit dar. Dies war der gedankliche Ausgangspunkt für einen futuristischen, schnell aufbaubaren Zufluchtsort, nämlich des Thermocene-Zeltes, in dessen Aufbau die mit Energieerhaltung und -übertragung verbundenen Materialien erkennbar sind.“

2013 wurde Tuomas A. Laitinen mit dem erstmalig vergebenen Preis der Kunstakademie Finnlands ausgezeichnet und war Künstler des Jahres beim Musikfestival Flow in Helsinki. Ursprünglich hatte er Musik studiert, machte seinen Masterabschluss dann aber an der Akademie der Bildenden Künste Helsinki, in der Studienrichtung „Raum-Zeit-Kunst“. Der Übergang zur bildenden Kunst sei keine bewusste Entscheidung, sondern ein organischer Prozess gewesen, so Laitinen. In den letzten Jahren beschäftigte sich Laitinen aber auch wieder verstärkt mit Musik; momentan arbeitet er zusammen mit dem Komponisten Pekka Toivonen am Ton für ein neues Video. Werke von Tuomas A. Laitinen sind zurzeit in Helsinki in der Ausstellung Ars17 im Museum für zeitgenössische Kunst Kiasma, in der Galerie Helsinki Contemporary und in Los Angeles in einer Einzelausstellung zu sehen.

Laitinens Rauminstallation Thermocene bildet buchstäblich den Rahmen des Veranstaltungsprogramms Mobile Home_donnerstags. In dem futuristisch anmutenden Zelt finden auch die Autorenlesung von Hassan Blasim und die Finissage mit Pecha Kucha statt.

„Ich wollte mit diesem Werk einen sozialen Raum schaffen, der als Bühne für unerwartete Begegnungen dient.“

Die Installation Thermocene ist im Rahmen der Ausstellung Mobile Home 2017: Visionen zu Heim und Heimat noch bis 7. Juli 2017 im Finnland-Institut in Deutschland zu sehen. Die Finissage Creating Spaces am 6. Juli um 19 Uhr findet als Pecha Kucha-Abend u.a. mit Tuomas A. Laitinen statt.

Vom 19. August bis 1. Oktober 2017 wird die Rauminstallation im Rahmen des Helsinki Festivals in der Galerie Sinne zu sehen sein.

Weitere Informationen zu Tuomas A. Laitinen:
http://www.tuomasalaitinen.com/
https://helsinkicontemporary.com/artist/tuomas-a-laitinen

 

Autorin: Jana Bobkova
Übersetzung aus dem Finnischen: Jana Bobkova, Johanna Terhemaa

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