Alles begann mit einer roten Brosche
Der Designer und Kurator Tero Kuitunen, geboren im verschlafenen Städtchen Kotka an der finnischen Küste, steht hoch im Kurs. Der in Helsinki lebende Kreative scheint ständig unterwegs zu sein und entwickelt Konzepte für seine Kunden, von Branding bis hin zu Ausstellungen. Sein nächstes großes Ausstellungsprojekt trägt den Namen „Wild at Heart“: Es handelt sich um die Schau Finnlands auf der diesjährigen Vienna Design Week, deren Gastland Finnland sein wird. Fanny Thalén interviewte Kuitunen zu seiner Arbeit und unterhielt sich mit ihm über Miss Piggy, die finnischen Design-Klassiker und die dezente Wildheit der finnischen Seele.
Tero Kuitunen lacht viel und beschreibt seine Visionen in lebhafter Körpersprache. Er trägt einen hellroten Stehkragenpullover, der einen an die Maiglöckchenbeeren erinnert, vor denen uns unsere Mütter immer gewarnt haben. Das Kleidungsstück springt ins Auge und weist auf eine lebenslange Liebe zu Form und Farbe hin.
‒ Eine meiner ersten Erinnerungen ist eine rote Rubinbrosche, die mein größter Schatz war. Sie war einfach wunderschön anzusehen. Einmal fand ich auf den Feldern meiner Tante Lehm und formte daraus die Muppet-Figur Miss Piggy. Die schenkte ich dann meiner Mutter. Im Nachhinein glaube ich, dass meine Mutter nicht so angetan davon war, weil diese Miss Piggy ihr sehr ähnlich sah…
Abgesehen von dem Unfug, den Tero als Kind anstellte, nahm er auch an Kunstkursen teil. Dies nährte verstärkt seine Liebe dazu, Dinge mit den eigenen Händen zu erschaffen. Für den Absolvent der Helsinkier Aalto-Universität hat sich diese tief verwurzelte Leidenschaft ausgezahlt, denn aktuell kuratiert er die finnische Gastland-Ausstellung für die Vienna Design Week 2019. Der Name der Schau, „Wild at Heart“, spielt auf eine weniger bekannte Seite der finnischen Seele an.
‒ Ich denke, dass unter der schüchternen und zurückhaltenden Oberfläche im finnischen Charakter auch Humor, Ausgelassenheit und Leidenschaft zu finden sind. Beim Kuratieren der Ausstellung möchte ich diese Züge hervorheben und finnische Kreative vorstellen, die sich in unterschiedlichen Bereichen von Kunst und Design bewegen.
„Wild at Heart“ wird ab 27. September 2019 bei der VIENNA DESIGN WEEK präsentiert. Danach wandert die Ausstellung ‒ in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Finnland-Instituten vor Ort ‒ nach Budapest, Stockholm und Tokio.
Mit der Ausstellung möchte Tero die zeitgenössische Designszene Finnlands darstellen, aber gleichzeitig auch in die Zukunft blicken. Wenn man eine Designausstellung in dieser Größenordnung kuratiert, kann man die finnischen Designklassiker jedoch nicht übersehen. Man werde sie ehren, aber sie bekommen keine dominierende Rolle in der Ausstellung, meint Tero.
‒ Wir haben eine wunderbare Designgeschichte in Finnland, was einfach fantastisch ist. Trotzdem glaube ich fest daran, dass wir junge Talente ebenso wie neue interessante Designer fördern sollten. Außerdem hat sich die Herstellung von Designobjekten im Laufe der Zeit stark verändert. Heutzutage läuft der Prozess nicht wie damals in den Zeiten von Alvar Aalto und seinen Zeitgenossen. In Finnland gibt es keine Fabriken mehr, wo Designer direkt hingehen und ihre Ideen präsentieren können und dabei lernen, was umgesetzt werden kann und was überhaupt machbar ist. Allerdings ist mir aufgefallen, dass die Designer unserer Zeit eher kleinere Quantitäten mit einem eher künstlerischen Ansatz schaffen. Ich habe das Gefühl, dass wir in der Zeit einer neuen Design-Renaissance leben, in der Menschen sich freier zwischen kreativen Feldern bewegen können. Kunst und Design nähern sich ständig an.
Teros Vision für die Ausstellung enthält nicht nur den kuratierten Inhalt, sondern auch die Vorstellung, was die Schau beim Besucher hervorrufen sollte.
‒ Ich möchte, dass die Ausstellung positive, glückliche Gefühle bei den Leuten auslöst. Außerdem hoffe ich, dass sie zum Nachdenken ermutigt, wie Design beispielsweise die Gesellschaft beeinflussen und verändern kann. Darüber hinaus ist für mich das Wichtigste, etwas zu zeigen, was man normalerweise nicht mit „finnischem Design“ verbindet. Hoffentlich werden die Besucher überrascht sein!
Auf diejenigen, die „Finnland-Beige“ erwarten, wird dies mit Sicherheit zutreffen.
Autorin: Fanny Thalen
Übersetzung aus dem Englischen: Maija Toivonen
Für die Zusammenarbeit im Rahmen von VIENNA DESIGN WEEK 2019 Gastland Finnland danken wir dem Team der Vienna Design Week und sämtlichen Partnerinstitutionen, vor allem der Botschaft von Finnland in Wien, Business Finland und Visit Finland.