Wencke Getzlaff empfiehlt aus der Bibliothek des Finnland-Instituts: Der Sommer vor meinem Fenster von Eeva-Kaarina Aronen
Die 1948 geborene finnische Journalistin Eeva-Kaarina Aronen trat durch die Veröffentlichung ihres Romans Die Lachsfischerin schon als Schriftstellerin in Erscheinung. Für dieses Werk erhielt sie bereits äußerst positive Kritiken. Ihr zweiter, 2007 herausgebrachter Roman Der Sommer vor meinem Fenster erhielt ebenso große Beachtung der Leserschaft und wurde in Finnland für den Runeberg-Literaturpreis nominiert.
Im Mittelpunkt des Romans steht Hagar Edith Wikström, welche aus der Ich-Perspektive durch die Geschichte führt. Hagar ist eine Frau von etwa 60 Jahren, die in der Wohnsiedlung „Kanaan“ in Helsinki lebt und so manche körperliche Beeinträchtigung mit sich trägt. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, arbeitet sie von ihrem Heim aus als Dolmetscherin und Journalistin im Rundfunk, bei welchem sie sogar zeitweilig eine eigene Radiosendung mit ungewöhnlichen Methoden der Gesprächsführung unterhielt. Eine ihrer liebsten Beschäftigungen, zurückzuführen auf ihre Lebensumstände, ist das Beobachten ihrer Nachbarschaft und derer Bewohner. Durch diese Vorliebe kommen ihr jedoch in diesem Sommer Ereignisse unter, die sie nie erwartet hätte.
Hinsichtlich des Sprach- und Schreibstils handelt es sich hierbei um ein Werk, welches sofort fesselt und Lesefreude entstehen lässt. Die Ich-Erzählerin beschreibt Personen und Vorgänge in äußerstem Facettenreichtum, woraus sich dem Leser ständig neue Sichtweisen auf das Dargelegte ergeben. Auch die dabei häufig offen gelassenen Fragen verleiten gar zu Gedankenspielen, welche sich mit den Persönlichkeiten der Protagonisten, dem Nachvollziehen für bestimmtes Handeln oder dem weiteren Verlauf des Geschehens befassen. Während des Lesens und Eintauchens in die vielschichtige Gedankenwelt der Erzählerin Hagar Edith Wikström ist dem Leser ein Ausbrechen aus dem Hier und Jetzt garantiert.
Der Roman ermöglicht einen tiefen Einblick in die Geschichte und Gesellschaft Finnlands. Er fokussiert zudem die bestehenden verschiedenen Sichtweisen der Geschichte des Landes, welche gekonnt in den Verlauf des Romans eingebettet werden. Besonders die Stellung der Kommunistischen Partei in Finnland und die Beziehungen aller Art zum Nachbarland Sowjetunion bzw. Russland werden teils durch die Hintergründe und Einstellungen der Protagonisten wiedergegeben. − Ein gelungener und fesselnder Roman nicht nur für die geschichts- und kulturinteressierte Leserschaft. Hier wird jedermann auf seine Kosten kommen.
Die Übersetzung des Romans stammt von Angela Plöger.
Eeva-Kaarina Aronen wird am 12.2.2014 im Europäischen Haus in Berlin zu Gast sein, aus ihrem Buch Die Lachsfischerin lesen und an einem anschließenden Gespräch teilnehmen. Für die Teilnahme sind eine Anmeldung bis 11.2. über diesen Link und die Mitnahme des Lichbildausweises erforderlich.
Autorin: Wencke Getzlaff, freie Praktikantin am Finnland-Institut