25JahreDialog: Interview mit Prof. Dr. Marko Pantermöller
Im Interview anlässlich der Blog-Reihe zum 25-jährigen Bestehen des Finnland-Instituts spannt der Greifswalder Fennistikprofessor Marko Pantermöller, langjähriges Mitglied des Institutsbeirats, einen Bogen von privater Finnland-Begeisterung zu seinen Forschungsinteressen.
Lieber Herr Pantermöller, Sie wurden 1970 im mecklenburgischen Lübz geboren und haben in Deutschland und Finnland Fennistik und Skandinavistik studiert. Woher kommt Ihr Interesse für Finnland und die finnische Sprache?
Alles begann mit einem allgemeinen Interesse am Norden und Touren durch Schweden, Norwegen, Island und die Färöer. Als sich kurz nach der Wende die Möglichkeit bot, die Kulturen und Sprachen des Nordens in Greifswald ohne die in der DDR üblichen Beschränkungen zu studieren, gab ich mein erfolgreiches Chemiestudium auf und wechselte an das Nordische Institut der Universität. Dort fokussierte sich mein Interesse dann bald auf die Fennistik.
Wenn Sie an Ihre Besuche im Norden zurückdenken: Welches Erlebnis hat Sie besonders geprägt?
Ich bereise Finnland schon seit über 30 Jahren regelmäßig: zunächst als Student, dann als Forscher, später als Dozent an finnischen Universitäten und habe so ein ganzes Netz von prägenden Erlebnissen. In besonders guter Erinnerung sind mir die akademischen Rituale, die sich beispielsweise mit einer Promotion in Finnland verbinden. Das sind Momente, in denen man die Anerkennung und die Würde spürt, mit der man in Finnland die Meilensteine einer Forscherlaufbahn begleitet. In Deutschland kommen diese Momente der Rückbesinnung und der Würdigung häufig zu kurz.
Wie hat sich Ihre berufliche und private Beziehung zu Finnland über die Jahre entwickelt?
Es ist nicht einfach, meine berufliche und private Beziehung zu Finnland voneinander zu trennen, denn ich habe sehr viele Freunde, die zum Teil auch Kollegen sind. Meine immer stärkere wissenschaftliche Vernetzung setzte eigentlich mit der sehr positiven Rezeption meiner Forschungsarbeiten ein. Auch als aus Deutschland stammender Forscher erfährt man volle Gleichberechtigung in der wissenschaftlichen Community Finnlands. Wichtige Punkte in meiner beruflichen Entwicklung waren die Zuerkennung einer Hochschuldozentur an der Universität Turku im Jahr 2013, meine derzeitige Mitarbeit im Beirat für den akademischen Finnischunterricht im Ausland bei der nationalen Agentur EDUFI sowie meine Mitarbeit in einer finnischen Expertenkommission zur Evaluierung der Geisteswissenschaften an finnischen Universitäten und Hochschulen.
Wie gestaltet sich Ihre Arbeit in der Greifswalder Fennistik?
Gerade sind wir dabei, ein empirisches Forschungsprojekt zur staatlichen Zweisprachigkeit Finnlands abzuschließen, in dem es um die Spracheinstellungen in Finnland in einer Zeit des zugespitzten sprachenpolitischen Diskurses geht. Zudem verfolge ich einige Sprachwandelerscheinungen des heutigen Finnischen unter systemlinguistischen Gesichtspunkten.
Neben der Forschung und Lehre sind es vor allem zahlreiche kulturelle Projekte ‒ Übersetzungsanthologien, Kulturveranstaltungen, internationale Herbstschulen ‒, die sowohl Lehrende als auch Studierende begeistern.
Welche Bedeutung hat die deutsche Fennistik in den deutsch-finnischen Beziehungen?
Eine kontinuierliche Ausbildung von Finnlandverständigen in Deutschland und Deutschland-Sachverständigen in Finnland ist von enormer Bedeutung für die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern. Ein vertieftes kulturelles Verständnis lässt sich nicht ausschließlich durch verbesserte Mobilität und das Ausweichen auf eine lingua franca erreichen.
Für Ihre Förderung der deutsch-finnischen Zusammenarbeit wurden Sie 2018 mit dem Ritterkreuz I. Klasse des Ordens des Löwen von Finnland ausgezeichnet.
Diese Auszeichnung ist für mich eine sehr große Ehre und zugleich eine dauerhafte Motivation. Sie erfüllt mich mit großer Dankbarkeit, die ich sehr gern an all meine Mitstreiter in der deutsch-finnischen Kultur- und Wissenschaftsarbeit weitergegeben habe.
Seit 2010 sind Sie Mitglied im Beirat des Finnland-Instituts in Deutschland. Wie entstand Ihre Verbindung zum Institut?
Die ehemalige Leiterin Dr. Marjaliisa Hentilä hatte mich 2009 nach meiner Bereitschaft zur Mitarbeit gefragt. Im darauffolgenden Jahr nahm ich das erste Mal an einer Beiratssitzung des Finnland-Instituts teil. Der Beirat ist mit seiner Finnland-Expertise ein einmalig vielseitiges Gremium, das sowohl durch seine konkrete Beratungstätigkeit als auch durch die zahlreichen finnlandbezogenen Querverbindungen seiner Mitglieder die kulturell-wissenschaftliche Vernetzung unserer beiden Länder befördert.
Das Finnland-Institut in Deutschland wird dieses Jahr 25 Jahre alt. Welche Bedeutung haben Institutionen dieser Art für den deutsch-finnischen Dialog?
Die Arbeit des Finnland-Instituts ist von enormer Bedeutung für den deutsch-finnischen Dialog. Wenn man nur bedenkt, dass im Jahr des 100. Jahrestags der finnischen Unabhängigkeit 86.000 Besucher durch die Vermittlungsarbeit des Instituts mit Finnland und seiner Kultur in Kontakt kamen, dann lässt sich erahnen, welche Spuren die Einrichtung in den letzten 25 Jahren im deutschsprachigen Raum hinterlassen hat.
Das Interview führte Claudia Nierste.
Engagierten wie Marko Pantermöller ist auch das immer wieder begeisternde Programm des Greifswalder Kulturfestivals Nordischer Klang zu verdanken. Auch im Mai 2019!
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Das Finnland-Institut wird im Herbst 2019 25 Jahre alt. Als erstes Kultur- und Wissenschaftsinstitut Finnlands im deutschsprachigen Europa wurde es Ende September 1994 eröffnet. In diesen 25 Jahren war der Dialog zwischen den finnischen Partnern und den Akteuren vor Ort in Deutschland, Österreich und der Schweiz zentral in der Tätigkeit des Finnland-Instituts. Diesen Dialog haben im der Laufe der Jahre die vielen Personen und Persönlichkeiten ermöglicht, die sich im Namen des Finnland-Instituts für den Austausch zwischen den Ländern engagiert haben. In unserer Blog-Reihe #25JahreDialog kommen im Laufe des Jahres einige von ihnen zu Wort.