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Ritva Röminger-Czako. Foto: privat

25JahreDialog: Kuratorin Ritva Röminger-Czako im Interview

Die Kunsthistorikerin Ritva Röminger-Czako hat sich vor allem auf die finnische Kunst der Gegenwart spezialisiert und arbeitet schon seit vielen Jahren von Bonn aus.

Ritva Röminger-Czako war lange Zeit als Ausstellungsreferentin der Deutsch-Finnischen Gesellschaft aktiv. Bis 2018 war sie auch im Beirat des Finnland-Instituts tätig. In der Stadtgalerie Kiel ist noch bis zum 26. Mai 2019 die von ihr kuratierte Ausstellung An der Nordkante zu sehen: Darin werden in Gemälden, Fotografien, Skulpturen und Videoinstallationen die unterschiedlichen Rollen untersucht, die der Mensch im Laufe seines Lebens und in der Gesellschaft inne hat.

 

Liebe Frau Röminger-Czako, wie gestaltete sich Ihr erster Kontakt zum deutschsprachigen Europa und seiner Kunstszene?

Ich habe in Bonn studiert, wo eines der deutschlandweit besten Museen für zeitgenössische Kunst steht. Schon vor meinem Abschluss hatte ich dort die Gelegenheit, an verschiedenen Projekten mitzuwirken, und lernte so sowohl die deutsche als auch die internationale Kunst der Nachkriegszeit kennen.

 

Wie viele Ausstellungen zur finnischen Kunst haben Sie schon kuratiert – können Sie sie noch zählen?

Das weiß ich wirklich nicht mehr, aber insgesamt sind es sicher mehr als 100, wenn ich Kunsthandwerk und Design mitzähle.

 

Wie hat sich Ihre Laufbahn als Kuratorin über die Jahre entwickelt? In welchem Verhältnis sehen Sie Ihren persönlichen Werdegang zu den größeren Entwicklungen in der Kunstszene?

Durch regelmäßige Ausstellungsbesuche und die Lektüre der wichtigsten Veröffentlichungen der Szene habe ich die Entwicklung der internationalen wie der finnischen Kunst sehr intensiv verfolgen können. Ein internationales „Must“ sind die großen Ausstellungen wie die Biennale Venedig und die Documenta in Kassel. Die wichtigsten Kunstmessen sind vor allem die Art Cologne und die Art Basel. Auch in Finnland bemühe ich mich, am Puls der Zeit zu bleiben: Ich bin regelmäßig in Galerien und bei Künstlern und Künstlerinnen zu Gast, um ihren Werdegang zu verfolgen, und horche auch auf das, was an den Kunstschulen passiert. Sowohl in Finnland als auch anderswo erlebt die Kunst eine verstärkte Globalisierung. Dieselben künstlerischen Fragen beschäftigen Kunstschaffende auf der ganzen Welt. Die Grenzen zwischen den Nationen sind durchbrochen. Momentan scheinen aber inmitten der ganzen Globalisierung auch regionale Charakteristika wieder Interesse zu wecken. Wenn sich alles einander angleicht, suchen die Menschen wieder vor Ort nach Alleinstellungsmerkmalen. Und die finden sich ja auch heute noch.

 

Welche der von Ihnen kuratierten Ausstellungen sind Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?

Die erste wirklich große Ausstellung war Unbekanntes Abenteuer 1997 in Karlsruhe. Teilgenommen haben dort unter anderem Eija-Liisa Ahtila, Esko Männikkö und Maaria Wirkkala, es war meines Wissens die deutschlandweit erste große Präsentation finnischer Gegenwartskunst. Die Ausstellung war auch in Kiel und Rostock zu sehen und bildete den Ausgangspunkt meiner Zusammenarbeit mit der Stadtgalerie Kiel. Von besonderer Bedeutung war auch die Ausstellung Neue Fotokunst aus Finnland, die im Neuen Berliner Kunstverein begann, ein Jahr lang durch Deutschland tourte und dann auch in Polen sowie schließlich im Kunstmuseum in Salo gastierte. Ein aufregendes Projekt war Borderlives im Aachener Ludwig-Museum, wo die Werke finnischer, estnischer und russischer Künstler und Künstlerinnen präsentiert wurden. In besonders warmer Erinnerung habe ich natürlich die Ausstellung Breaking the Ice von 2007, bei der ich als Kuratorin wirkte und einen umfassenden Einblick in mein „Hausmuseum“ in Bonn gab.

 

Woher kam die Idee zur Ausstellung An der Nordkante in Kiel und welche Perspektiven werden Sie dieses Mal in den Vordergrund rücken?

Wie schon erwähnt arbeite ich seit langer Zeit mit dem Museum in Kiel zusammen, und An der Nordkante ist Teil dieser kontinuierlichen Arbeit. Ich fand es spannend, ein altes und wichtiges künstlerisches Thema aus dem Blickwinkel der finnischen Gegenwartskunst zu behandeln und sowohl mit traditionellen als auch neuen künstlerischen Mitteln darzustellen.

 

Interview: Roosa Kokkonen

Übersetzung aus dem Finnischen: Claudia Nierste

Ausstellung bis 26.5. in der Stadtgalerie Kiel: An der Nordkante – Der Mensch in der finnischen Gegenwartskunst

8.5. 18-20 Uhr Kuratorinnenführung mit Ritva Röminger-Czako

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Das Finnland-Institut wird im Herbst 2019 25 Jahre alt. Als erstes Kultur- und Wissenschaftsinstitut Finnlands im deutschsprachigen Europa wurde es Ende September 1994 eröffnet. In diesen 25 Jahren war der Dialog zwischen den finnischen Partnern und den Akteuren vor Ort in Deutschland, Österreich und der Schweiz zentral in der Tätigkeit des Finnland-Instituts. Diesen Dialog haben im der Laufe der Jahre die vielen Personen und Persönlichkeiten ermöglicht, die sich im Namen des Finnland-Instituts für den Austausch zwischen den Ländern engagiert haben. In unserer Blog-Reihe #25JahreDialog kommen im Laufe des Jahres einige von ihnen zu Wort.

Roosa Kokkonen studiert an der Universität Helsinki Wirtschafts- und Sozialgeschichte und war bis Dezember 2019 Volontärin am Finnland-Institut.

Roosa Kokkonen opiskelee Helsingin yliopistossa talous- ja sosiaalihistoriaa ja toimi joulukuuhun 2019 asti harjoittelijana Suomen Saksan-instituutissa.

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