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Anna Lattmann. Foto: privat

„Freiheit ist ein kostbares Gut und die Räume dafür werden immer kleiner. Das darf nicht sein.“

Dr. Anna Katharina Lattmann ist Kunsthistorikerin und Geschäftsführerin der Plattform FELD+HAUS Projects, welche sich als öffentlicher Raum für experimentelle Kunst- und Kulturprojekte versteht. Die großzügigen, in einer ehemaligen Brückenmeisterei auf einer Insel in den aufeinandertreffenden Spree-Kanälen angesiedelten Räume beherbergen im Frühjahr 2022 die Gruppenausstellung CRUSH, deren Werke vom Verlangen und queerer sozialer Ausgrenzung erzählen. Benjamin Houitte hatte Gelegenheit zum Interview mit Anna Lattmann.

 

Künstlerisches Schaffen hat dich immer begeistert und du wurdest in Kunstgeschichte promoviert. FELD+HAUS als kreative Plattform ist 2013 entstanden. Wie war der Weg von der Idee zur Verwirklichung des Projekts und wie hat dein theoretisches Wissen dazu beigetragen?

Für das Verständnis von Kunst ist theoretisches Wissen nicht unbedingt notwendig. Mir allerdings hat es immer geholfen, Kunst in spannende Kontexte zu setzen und für den Betrachter dadurch neue Perspektiven zu ermöglichen. Meine Idee mit FELD+HAUS war von Anbeginn, die Menschen erleben zu lassen, was für eine Bereicherung Kunst ist.

 

Vor der Verlegung in den Norden Berlins befand sich FELD+HAUS in Frankfurt am Main. Was macht diesen neuen Standort und seine Umgebung für Kunstprojekte so besonders?

In der Seestraße 131 haben wir eine Oase inmitten der Hauptstadt gefunden. Hier, direkt am Wasser mit großem Garten, können wir Innen- und Außenraum verschmelzen lassen und noch intermedialer agieren. Die Natur zu integrieren, sie als Quelle und Spiegel zu nutzen, ist eine Erweiterung und notwendige Konfrontation mit der Realität.

 

CRUSH ist eine ambitionierte Gruppenausstellung von zehn Künstler*innen aus unterschiedlichen Ländern und Stilrichtungen. Was hat dich an diesem Konzept gereizt?

Mir ist an Kunst immer wichtig, dass sie was zu sagen hat, nicht nur „schön“ ist. Diese Ausstellung hat etwas zu sagen, und zwar etwas sehr Wichtiges.

 

Vernarrtheit, Zuneigung und Zurückweisung zählen zu den Themen von CRUSH. Was ist für dich persönlich das Wichtigste an der Ausstellung?

FELD+HAUS und blueplanet möchten Kunst an diesem Ort eine Plattform geben, die offen ist für freies Denken und freien künstlerischen Ausdruck. Mir persönlich ist besonders wichtig, dass es in diesen Zeiten noch Räume gibt, in denen offen diskutiert und präsentiert werden kann. Freiheit ist ein kostbares Gut und die Räume dafür werden immer kleiner. Das darf nicht sein.

 

Hattest du zuvor schon Berührung mit Kunst aus Finnland?

Am direktesten und bewusstesten wahrscheinlich auf den Biennalen in Venedig. Ansonsten muss ich ehrlich gestehen, dass ich mich nicht so sehr für Herkunft und Lebensläufe von Künstlern interessiere, solange mich die Arbeiten und ihr Konzept ansprechen und überzeugen. Meiner Meinung nach geht es immer um die Aussage von Kunst, die kann von finnischen Künstlern ebenso packend und wichtig und stark oder auch nichtssagend, langweilig und leer sein, wie von nigerianischen, chinesischen oder deutschen.

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Die Gruppenausstellung CRUSH ist vom 11. März bis 2. April 2022 bei FELD+HAUS Projects in Berlin-Wedding zu sehen. Die von der britischen Kuratorin Alana Lake kuratierte Schau umfasst Werke von Witalij Frese, Marianna Ignataki, Atis Jākobsons, Artor Jesus Inkerö, Laura Könönen, Alana Lake, Barbara Lüdde, Janne Räisänen, Anne Tompuri und Aki Turunen.

 

Benjamin Houitte studiert an der Humboldt-Universität zu Berlin Skandinavistik und absolviert zurzeit ein Praktikum am Finnland-Institut.

Benjamin Houitte opiskelee pohjoismaisia kieliä ja kirjallisuutta Berliinin Humboldt-yliopistossa. Hän teki haastattelun osana harjoitteluaan Suomen Saksan-instituutissa.

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