Considering Finland – zeitgenössische Foto- und Videokunst in Ludwigshafen und Mannheim
Das Festival Kultur Aus Finnland in Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg bringt zeitgenössische Kunst und Kultur aus Finnland vielgestaltig in den Rhein-Neckar-Raum. Herzstück ist die zweiteilige Ausstellung Considering Finland im Kunstverein Ludwigshafen und im Port 25 – Raum für Gegenwartskunst in Mannheim. Marion Holtkamp hat die Direktorinnen Barbara Auer (BA; Ludwigshafen) und Stefanie Kleinsorge (SK; Mannheim) zu den Hintergründen befragt.
Wie entstand die Idee zu Considering Finland?
BA: Der Impuls, sich mit der aktuellen finnischen Kunstszene auseinanderzusetzen, kam von außen, genauer von Dr. Laura Hirvi, der Direktorin des Finnland-Instituts. Sie hat mich bereits im September 2016 im Kunstverein Ludwigshafen besucht und mir ihr Anliegen, die Kunst und Kultur aus Finnland in unseren Breitengraden bekannter zu machen, vorgebracht. Ich war von Laura Hirvis ambitionierter Arbeit sofort begeistert. Als dann meine Kollegin Stefanie Kleinsorge, Direktorin von Port 25 – Raum für Gegenwartskunst, ebenfalls mit Laura im Gespräch war, haben wir sehr schnell beschlossen, in beiden Institutionen eine gemeinsam kuratierte Ausstellung über zeitgenössische Kunst aus Finnland zu realisieren.
SK: Barbara und ich arbeiten nicht zum ersten Mal zusammen. Durch das gemeinsame Kuratieren können wir unsere Stärken bündeln und konstitutionelle Schwächen, wie beispielsweise die begrenzte Fläche unserer Ausstellungshäuser, ausgleichen. Es ist darüber hinaus eine große Bereicherung mit einer geschätzten Kollegin Ansichten und Expertisen auszutauschen und auf diese Weise gemeinsam Entscheidungen zu treffen.
Was war für Euch bei der Auswahl der Kunstwerke wichtig?
BA: Es war uns wichtig, die Auswahl der Künstler_innen und deren Werke immer gemeinsam zu treffen. Das war ein längerer und sehr intensiver Prozess, der nach unserer Reise nach Helsinki begann, wo wir zahlreiche Ateliers, Museen, Projekträume für zeitgenössische Kunst besuchten und uns mit Künstler_innen und Kuratoren_innen getroffen haben. Ziel der Reise war es, die Künstler_innen persönlich kennen zu lernen und mit ihnen über ihre Arbeit zu sprechen. So haben wir einen Einblick in die sehr lebendige finnische Kunstszene bekommen. Da wir jeder Ausstellung einen klaren thematischen Rahmen geben wollten, war die Auswahl der Werke von diesen Fragestellungen bestimmt. Weiter haben wir uns auf die Medien Fotografie und Video beschränkt. Wir hatten nicht den Anspruch möglichst viele Positionen zu zeigen, sondern haben sehr gezielt Werke ausgesucht, die inhaltlich auch mit den anderen Positionen korrespondieren und so weitere Dialoge eröffnen.
In welcher Weise steht Considering Finland im Kontrast zu anderen Programmen in Euren Häusern, und was sind mögliche Gemeinsamkeiten mit anderen Programmen?
BA: Ausstellungen mit internationalen Künstler_innen sind bei uns leider nicht die Regel. Das liegt an unserem sehr engen finanziellen und personellen Rahmen, der es uns nicht erlaubt, jedes Jahr ein solch ambitioniertes Projekt zu stemmen. Gemeinsamkeiten gibt es dahingehend, dass wir in unserem Ausstellungsprogramm seit vielen Jahren den Schwerpunkt auf die Medien Fotografie und Video legen und regelmäßig thematische Ausstellungen realisieren.
SK: Die Ausstellungspraxis von Port25 setzt im Gegensatz zum Kunstverein Ludwigshafen keine medialen Schwerpunkte. Der Fokus liegt bei uns auf der Vernetzung der lokalen Kunstszene mit überregionalen und internationalen Positionen und Diskursen. In diesem Sinne verstehen wir die Ausstellung als ein Angebot zum Austausch und freuen uns ganz besonders, dass elf der vierzehn teilnehmenden Künstler rund um den Eröffnungstermin vor Ort in Mannheim und Ludwigshafen sein werden.
Beschreibt jeweils ein Werk/Exponat, das Euch besonders beeindruckt.
BA: Es fällt mir tatsächlich schwer, an dieser Stelle ein einzelnes Werk besonders hervorzuheben. Ich bin von allen Arbeiten begeistert und möchte daher an dieser Stelle kurz die Thematik der Ausstellung im Kunstverein Ludwigshafen erörtern. Aus unterschiedlichen Perspektiven wird das Verhältnis von Mensch und Natur beleuchtet. Das ist sicherlich für die aus dem bevölkerungsarmen und waldreichsten Land Europas stammenden Künstler_innen ein naheliegendes Sujet. Ihre Auseinandersetzung mit dieser Thematik geht jedoch weit über das klassische Genre der Landschaftsfotografie hinaus. Es sind meist konzeptuelle Ansätze, die die Beziehung zwischen Mensch und Natur in einen globalen Kontext stellt. Aktuell relevante ökologische, wirtschaftliche, und kulturelle Fragestellungen werden aufgegriffen und u.a. sehr pointiert in Form sowohl utopischer wie dystopischer Visionen dargestellt.
SK: Für mich als Kuratorin spielt es in der Regel keine große Rolle, ob mich persönlich ein Werk beeindruckt. Ich wähle Arbeiten aus, weil sie konsequent und künstlerisch überzeugend eine Idee verfolgen, die ich thematisch für relevant erachte. In Port25 zeigen wir im Rahmen von Considering Finland sieben künstlerische Positionen, die auf kulturelle Dispositionen und Normierungen des Individuums innerhalb einer Gesellschaft deuten, welche auf nicht erreichbaren Maximen, wie permanentem Erfolg, dauerhafter Anerkennung und grenzenlosem Wachstum basiert.
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Programmflyer Festival Kultur Aus Finnland
Considering Finland umfasst Werke von Kenneth Bamberg, Elina Brotherus, Ilkka Halso, Riitta Ikonen & Karoline Hjorth, Jaakko Kahilaniemi, Tellervo Kalleinen & Oliver Kochta-Kalleinen, Sanna Kannisto, Ville Lenkkeri, Aurora Reinhard, Anna Reivilä, Mikko Rikala, Iiu Susiraja, Nestori Syrjälä und Pilvi Takala.
Die Eröffnung findet am 9. November 2018 um 19 Uhr im Port 25 – Raum für Gegenwartskunst, Mannheim, statt; anschließend Bus-Shuttle zum Kunstverein Ludwigshafen und dort After-Show-Party ab 21 Uhr. Die Ausstellungen sind bis 13. Januar 2019 zu sehen.
Der in der Edition Cantz erschienene Ausstellungskatalog zu Considering Finland ist zum Preis von 14 EUR erhältlich.
Rahmenprogramm:
10.11.2018, 16 Uhr Künstlervorträge | Port 25 – Raum für Gegenwartskunst, Mannheim
10.1.2019, 19 Uhr Filmabend | Kunstverein Ludwigshafen