LESUNG UND GESPRÄCH. Petra Sauerzapf-Poser im Gespräch mit Tilman Spreckelsen.
1828 zieht ein junger Finne namens Elias Lönnrot in die entlegenen karelischen Wald-, Sumpf- und Seengebiete aus, um dort die Weisen der berühmten Kantele-Sänger zu sammeln. Insgesamt wird er elf Reisen unternehmen und zu Fuß, auf Skiern oder rudernd ca. 20.000 Kilometer zurücklegen; er sammelt dabei 65.000 Verse.
Lönnrot war überzeugt, dass all diese Lieder einst ein großes zusammenhängendes Epos waren, und setzte die Lieder zusammen. Dem phantastischen Langgedicht, das dabei entstand und das von der Rivalität eines Nordreiches namens Pohjola gegen den Süden berichtet, von Weltentstehung, Zauberern, Sängern, Brautfahrten, Zaubermühlen und sagenhaftem Reichtum, gab er den Namen Kalevala. Mit dem Kalevala legte Lönnrot den Grundstein für die finnische Literatur. Phantastik-Literaten wie Tolkien, Komponisten wie Sibelius und selbst die Donald-Duck-Zeichner (Die Jagd nach der Goldmühle) ließen sich davon inspirieren.
Tilman Spreckelsen und Kat Menschik reisten 2011 auf Elias Lönnrots Spuren nach Finnland und in die unwegsamen Regionen des heutzutage wieder russischen Karelien. Spreckelsen arbeitet für die FAZ. Er ist Herausgeber mehrerer Anthologien und Bücher, u. a. Der Mordbrand von Örnolfsdalur (2011), der Nacherzählung der Islandsagas, illustriert von Kat Menschik. 2014 erhielt Tilman Spreckelsen den Theodor-Storm-Preis.
Kat Menschik ist freie Illustratorin. Das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erhält von ihr seine optische Prägung, viele von ihr illustrierte Bücher erlangten Kultstatus (u. a. Haruki Murakamis Schlaf). 2012 erschien ihr Variables Kalendarium. Für den ersten Band von The Graphic Canon gestaltete sie, exklusiv für die deutsche Ausgabe, das Nibelungenlied. 2014 erschien bei Galiani ihr außergewöhnliches Gartenbuch Der goldene Grubber.