Vincent Schulze empfiehlt aus der Institutsbibliothek eine Studie zum „Phänomen Åland“: Islands of Peace. Åland’s autonomy, demilitarisation and neutralisation.
Die zwischen Finnland und Schweden in der Ostsee liegenden Åland-Inseln bilden bis heue eine politisch und historisch außergewöhnliche Entität. Zum einen ist Åland, als einziges Gebiet in der Ostsee, vollständig demilitarisiert und zum anderen gehört das Archipel politisch zwar zu Finnland, ist jedoch kulturell wesentlich enger mit Schweden verbunden. Während das restliche Finnland offiziell zweisprachig ist, wird in der Region Åland ausschließlich Schwedisch gesprochen. Unter anderem deshalb wird sie auch als „schwedischer als Schweden“ bezeichnet. Genau dieser Gegensatz hat zur Herausbildung einer einzigartigen ålandischen Lebensweise, einer bewegten Geschichte und einem spezifischen politischen System geführt. Aufgrund dieser besonderen Situation im Zentrum der Ostsee ist Åland zu einem „Refugium des Friedens“ geworden und das „Åland-Beispiel“ gilt mittlerweile weithin als Vorbild für Autonomie.
Um Åland als politisches Phänomen zu begleiten und weiterentwickeln zu können, wurde in der ålandischen Hauptstadt Mariehamn 1992 das Åland Peace Research Institute (Ålands fredsinstitut) gegründet. Das Institut ist mittlerweile als einschlägige Forschungsinstitution sowohl in der Friedens- und Konfliktforschung im Allgemeinen als auch für die spezifische Åland-Forschung weltweit bekannt.
Ein überaus gelungenes Einstiegswerk in die politische Situation Ålands gab dieses Institut mit dem Sammelband Islands of Peace. Åland’s autonomy, demilitarisation and neutralisation 2006 heraus. Der Band ist in drei Teile gegliedert, die jeweils einen bestimmten Aspekt abdecken: Demilitarisierung und Neutralität (Susanne Eriksson), Hintergrund und Gegenwart der Autonomie (Lars I. Johansson) sowie eine historische Bewertung der Entwicklung beider Phänomene (Barbro Sundback).
Das Buch ist sinnvoll aufgeteilt und führt den Leser behutsam, aber dennoch wissenschaftlich fundiert an die Thematik heran. Neben politikwissenschaftlichen und historischen Fakten, werden dem Leser immer wieder begleitende Informationen geliefert, die einerseits den Lesefluss und andererseits das grundsätzliche Verständnis fördern. Dies betrifft etwa den historischen Kontext Ålands in der schwedisch-finnischen, aber auch russischen Geschichte. Ein breites Hintergrundwissen ist dazu nicht unbedingt erforderlich, da die relevanten Informationen an entsprechender Stelle geliefert werden. Gleichwohl ist ein Grundverständnis für die Geschichte der Region durchaus von Vorteil. Des Weiteren führt der Band, auf sehr kleinem Raum, gut in das politische System Ålands bzw. Finnlands ein, so dass es auch für Leser ohne politikwissenschaftlichen Hintergrund leicht verständlich ist.
Insbesondere der letzte Teil, der dem Leser einen Ausblick der Politik in Åland bietet, die ålandische Stellung in der EU analysiert und einen Vergleich mit den weiteren nordischen Autonomien, Färöer und Grönland, zieht, ist überaus gelungen. Abgerundet mit einer entsprechenden Bibliografie und weiterführender Literatur bietet der reich bebilderte Band Islands of Peace eine hervorragende und sehr gut lesbare Lektüre um eine Einführung in die politisch-historische Welt des Åland-Archipels zu bekommen und die Lücke zwischen Schweden und Finnland auch wissenstechnisch zu schließen.
Autor: Vincent Schulze, Praktikant am Finnland-Institut