Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Gülke: Adornos Mahler-Kriterien für Sibelius? – anhand seiner 4. und 5. Sinfonie

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VORTRAG im Rahmen der Interdisziplinären Vortragsreihe Sibelius im Kontext.

Moderation: Generalmusikdirektor Dr. Florian Csizmadia

In Finnland ist Jean Sibelius ein Nationalheld, in Großbritannien gilt er als wichtigster Nachfolger Beethovens in der Sinfonik, in Deutschland hingegen hat seine Musik nicht in gleicher Weise Fuß gefasst. Das Philharmonische Orchester Vorpommern führt zwischen 2022 und 2024 erstmals in seiner Geschichte alle Sibelius-Sinfonien auf. In der begleitenden Vortragsreihe sollen Werk und Persönlichkeit des Komponisten in einem breiteren Umfeld kontextualisiert und kritisch beleuchtet werden – mit einem Blick auf musikalische und kulturelle Bezüge im Ostseeraum und darüber hinaus.

Peter Gülke, als Dirigent wie als Musikwissenschaftler gleichermaßen renommiert, wählt einen gleichsam paradoxen Ansatz: Lassen sich die Kriterien, anhand derer Theodor W. Adorno die Musik des Sibelius-Zeitgenossen Gustav Mahler würdigte, auf Sibelius übertragen? Die Brisanz dieser Frage liegt auf der Hand: Adornos Glosse über Sibelius, ihrerseits eine Reaktion auf die weit verbreitete unkritische Sibelius-Verehrung in den 1930er-Jahren, kanzelte die Musik des Finnen erbarmungslos als dilettantisch ab, was in Finnland eine bis heute anhaltende Kontroverse auslöste. Mahler wiederum bezeichete die Musik des Finnen rundheraus als „Kitsch“.

Peter Gülke studierte Violoncello, Musikwissenschaft, Germanistik und Romanistik von 1952 bis 1957 u. a. bei Heinrich Besseler an den Universitäten bzw. Hochschulen in Weimar, Jena und Leipzig. Er arbeitete anschließend als Lehrbeauftragter an der damaligen Karl-Marx-Universität Leipzig, wo er auch 1958 promovierte. Zwischen 1981 und 1983 war er Chefdirigent am Deutschen Nationaltheater Weimar, von 1985 bis 1996 in Wuppertal. 1985 habilitierte er sich bei Carl Dahlhaus. Daneben übersetzte er gemeinsam mit seiner Frau u. a. Tschaikowskys Oper Die Zauberin sowie die Musikalischen Schriften von Rousseau und die Memoiren von Grétry. Er verfaßte verschiedene Bücher u.a. über Musik des Mittelalters, Schubert, Schumann, Mendelssohn, Mozart, Brahms und zahlreiche, teilweise in Buchform vereinigte Aufsätze, in den letzten Jahren u.a. Musik und Abschied, Mein Weimar, gemeinsam mit Alfred Brendel ein Buch über musikalische Interpretation insbesondere bei Schumann und Beethoven. Er war als Gastprofessor in Harvard, Bochum, Basel und Zürich tätig. Als Gastdirigent wirkte er in den meisten europäischen Ländern, zeitweise ständiger Gast in Eindhoven und Wien (Sinfoniker), in den USA, Brasilien, Japan, China. Zu den ihm verliehenen Preisen gehören u.a. der Sigmund-Freud-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Ernst von Siemens-Musikpreis 2014, Ehrendoktorate der Universitäten bzw. Hochschulen in Bern, Weimar, Dresden.

Die Vortragsreihe wurde durch Generalmusikdirektor Dr. Florian Csizmadia und Benjamin Schweitzer M. A. konzipiert.

Weitere Termine siehe www.wiko-greifswald.de:
25.4.2023
22.6.2023
21.11.2023
23.1.2024

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