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© Finnland-Institut/Bernhard Ludewig

Tief durchatmen

Dr. Laura Hirvi geht 2021 in ihr siebentes Jahr als Leiterin des Finnland-Instituts, bevor sie den „Staffelstab" im Juni 2021 an ihren Nachfolger Mikko Fritze übergeben wird. Im Laufe des herausfordernden Arbeitsjahres 2020 hat sie am Programm „Business of Culture" der Aalto University Executive Education für Führungskräfte teilgenommen und teilt hier einige der dort gewonnenen Erkenntnisse mit uns.

Kunst und Kultur haben das Potential, Menschen über Grenzen und Sprachbarrieren hinweg zusammenzubringen. Während wir Bücher lesen, uns Theaterstücke anschauen, oder während wir Kunstausstellungen besichtigen, teilen wir Momente, in denen wir gemeinsam lachen, weinen, lernen, uns wundern oder nachdenken können.

Um sicherzustellen, dass solche Plattformen uns auch in Zukunft zur Verfügung stehen, brauchen wir starke Strukturen, die das Wohlergehen von Kunst und Kultur in der Gesellschaft ermöglichen: Institutionen, die künstlerische Produktionen unterstützen und verbreiten, wie es zum Beispiel Museen, Theater oder die Kultur- und Wissenschaftsinstitute Finnlands tun. Solche Institutionen brauchen in ihren Teams fähige Expert_innen, inklusive einem Führungspersonal, das geschult ist, mit den Herausforderungen und Themen, die sich im Kulturgeschäft ergeben, umzugehen.

Die jetzigen, aber auch die zukünftigen Zeiten werfen verschiedene Fragen auf: Wie sollte man mit den begrenzten Ressourcen, die zur Verfügung stehen, umgehen? Wie können wir die Arbeit im Kulturbetrieb insgesamt nachhaltiger gestalten? Welche Möglichkeiten ergeben sich durch die Digitalisierung? Wie kann man ein Team durch tiefgreifende Momente der Veränderung leiten?

Das Programm Business of Culture der Aalto University Executive Education bietet Führungskräften eine großartige Möglichkeit, sich auf die Auseinandersetzung mit solchen Fragen vorzubereiten. Man wird nicht mit Führungskompetenzen geboren, sondern man erlernt sie in einem fortlaufenden Prozess. Alte Angewohnheiten zu ändern und neue zu erlernen, bedarf Zeit und Übung – wie ich wieder einmal im Laufe des Programms erkennen musste − aber es ist eine Übung, die sich langfristig auszahlt.

 

Mit- und voneinander lernen

Bevor ich mich für die Teilnahme an dem Programm Business of Culture entschied, hatte ich schon einige Schulungen für Führungskräfte besucht. Üblicherweise dauerten diese Kurse ein bis zwei Tage. Im Vergleich dazu ist das Besondere am Aalto EE-Programm die Dauer: Dadurch, dass sich das Programm über mehrere Monate erstreckt, ist die Lernerfahrung tiefgreifender. Man hat Zeit, das Erlernte zu „verdauen“, zu reflektieren und zwischen den Modulen auch in der Praxis zu testen.

Auch die Zusammensetzung der Gruppe macht das Programm zu etwas ganz Besonderem, da alle Teilnehmer_innen einen direkten Bezug zu Kultur und Kunst haben. Das bedeutet, dass alle die gleiche Leidenschaft teilen und in vielerlei Hinsicht auch ähnlichen Herausforderungen gegenüberstehen. In so einer Gruppe zu lernen, resultiert nicht nur in fruchtbaren Diskussionen, sondern bedeutet auch viele ungeplante Momente, in denen man seine Gedanken mit Gleichgesinnten bei einer Tasse Kaffee oder beim Mittagessen teilt. Auf diese Art und Weise lernen die Teilnehmer_innen nicht nur mit-, sondern eben auch voneinander.

 

Die Erinnerung daran zu atmen

Die Sitzungen mit einem externen Business Coach sind meiner Meinung nach ein weiterer wertvoller Teil des Programms Business of Culture. Als Führungskräfte sind wir es gewohnt, über unsere Gedanken und Herausforderungen in Bezug auf unser Arbeitsleben mit anderen Führungskräften zu reden, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Wenn wir Glück haben, gibt es im Umfeld eventuell auch Mentor_innen, die man in dringlichen Angelegenheiten konsultieren kann. Auch Lebensgefährt_innen können gelegentlich als Sparring-Partner funktionieren, auch wenn das langfristig gesehen nicht unbedingt immer das Gesündeste für eine Beziehung ist.

Die Aussicht, arbeitsbezogene Themen mit einer Person zu besprechen, die darin geschult ist, zuzuhören und die richtigen Fragen zu stellen, fühlte sich spannend an. Bereits nach der ersten Online-Coaching-Sitzung hatte ich den Eindruck, bis auf das Innerste entblößt worden zu sein. Niemals zuvor hatte ich eine so tiefgehende und intensive Diskussion über meine Vorstellung in Bezug auf meine Rolle als Führungskraft geführt. Warum möchte ich in einer Leitungsposition arbeiten? Welcher Führungsstil ist der Richtige für mich? Zwischendurch erinnerte mich der Coach – sie war weiblich − immer wieder daran, tief einzuatmen: eine Erinnerung, die ich immer noch mit mir trage.

 

Wie wichtig Kommunikation ist

Am Finnland-Institut war das Jahr geprägt durch Absagen, Verschiebungen, Anpassungen und dadurch, dass Inhalte sozusagen aus der Offline- in die Online-Welt verschoben wurden. Solche Prozesse mündeten oft in Momente der Frustration und Enttäuschung, wenn zum Beispiel Projekte, die man monatelang geplant hatte, doch nicht durchgeführt werden konnten. Zusätzlich hing in der Luft kontinuierlich ein Gefühl der Unsicherheit, und gleichzeitig war und ist kein klares oder vorhersehbares Ende in Sicht.

Wie ich in dem Programm von Aalto EE gelernt habe, ist es für das Team wichtig, diese Unsicherheit anzuerkennen. Was die Kultur eines Unternehmens braucht, ist Transparenz in Bezug auf Informationen: Was passiert hier gerade, soweit wir es einschätzen können? Was wird wohl als nächstes passieren und wie können wir uns darauf vorbereiten? Was wissen wir, und was wissen wir nicht? In diesem Kontext ist es auch wichtig, dass das gemeinsame Ziel definiert wird: Wir werden gemeinsam durch diese herausfordernden Zeiten steuern und wir werden kreative Lösungen finden, um unseren Zweck erfüllen zu können. Regelmäßige Online-Teammeetings sowie Telefonate und individuelle Treffen waren in dieser Hinsicht sehr hilfreich und zuträglich für das Wohlbefinden von uns allen, die allein im Homeoffice arbeiteten.

Wir können nicht wissen, was die Zukunft bringen wird. Aber wir können uns und unsere Teams darauf vorbereiten, mit den Herausforderungen umzugehen, die wir erwarten. Von daher sollten wir zusammenarbeiten, um kreative und zukunftsorientierte Lösungen zu finden – so dass die kulturellen und akademischen Einrichtungen und ihre Akteure langfristig gesehen nicht nur „überleben“, sondern florieren, zum Wohle der gesamten Gesellschaft.

 

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Das englischsprachige Original dieses Blogbeitrags finden Sie auf der Website von Aalto University Executive Education.

Dr. Laura Hirvi ist seit 2015 Leiterin des Finnland-Instituts.

Laura Hirvi on toiminut vuodesta 2015 Suomen Saksan-instituutin johtajana.

Laura Hirvi har fungerat som chef för Finlandsinstitutet i Tyskland sedan 2015.

Laura Hirvi has been the director of the Finnish Institute since 2015.

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