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Einfache und leicht verständliche Sprache in der Kulturvermittlung. Ergebnisse eines deutsch-finnischen Austausches

Eeva Rantamo, Kulturwissenschaftlerin, Projektkoordinatorin und Dozentin, stammt aus Finnland, lebt und arbeitet in Köln. Seit beinahe zwei Jahrzehnten hat sie sich auf Inklusion, die Zugänglichkeit, auf den Gebieten Kultur, Bildung und Tourismus spezialisiert. Sie arbeitet eng mit finnischen Fachleuten zusammen. 2014 gründete sie das Büro „Kulturprojekte – Inklusive Kulturarbeit“ in Köln.

Im Zeitalter der Globalisierung steht die Frage nach der eigenen oder fremden, gemeinsamen oder unterschiedlichen „Kultur“ im Vordergrund. Kriege und Krisen in aller Welt haben neue Migrationswellen und Fluchtbewegungen ausgelöst. Einheimische und Einwanderer haben eine Menge Fragen. Hier können Museen mit ihren Angeboten Vermittler von Kulturwissen sein und als wissenschaftliche Einrichtungen wichtige Schritte bei der Integration unterstützen. Durch ihre Ausstellungen und Aktionen bieten sie Anlässe und Foren für einen Austausch zwischen verschiedenen Gruppen. Sowohl in Finnland als auch in Deutschland gibt es im Moment viele Angebote für Flüchtlinge. Die Museen bemühen sich, Kultur verstehen zu lehren.

Dabei spielt Sprache eine zentrale Rolle. Wesentliche Gedanken zu Kunst und Kultur werden aus der Sprache der Wissenschaft für das breite Publikum übertragen, Bilder für blinde Menschen beschrieben oder Informationen in Gebärdensprache übersetzt. Internationale Gäste sprechen nicht unbedingt Finnisch oder Deutsch, neue Mitbürger sind dabei, die Landessprachen zu erlernen. Auch andere Mitbürger sind im Lesen nicht geübt. Hier sind Texte und Führungen in leicht verständlicher und einfacher Sprache notwendig, um diese Gruppen anzusprechen. Museumsführer und Gäste sind sich bewusst, dass der Besuch auch eine Sprachübung sein kann.

In Deutschland gibt es zwei Formen von bedürfnisorientierter, einfacher Sprache. Hinter dem Begriff Leichte Sprache verbirgt sich ein klar beschriebenes Regelwerk, das an den Bedürfnissen von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen orientiert ist. Die Leichte Sprache wurde in der Selbsthilfebewegung von Menschen mit Behinderung entwickelt. Sie ist im Satzbau und Wortschatz systematisch reduziert. Dazu wird auf eine bestimmte Typografie und eine Begleitung der Texte durch Bilder und Symbole Wert gelegt. Es werden kurze Aktivsätze verwendet. Jeder Satz enthält nur eine Aussage. Komplexe Satzkonstruktionen werden vermieden. Zusammengesetzte Wörter werden durch Bindestriche getrennt.

An den Universitäten Hildesheim und Leipzig werden Einsatz und Entwicklung der Leichten Sprache wissenschaftlich begleitet. Die Leichte Sprache ist in den vergangenen Jahren gezielt weiterentwickelt worden, um Menschen mit geringem Lesevermögen den Zugang zu schriftlichen Texten zu ermöglichen. Somit handelt es sich bei Leichter Sprache um ein wichtiges Instrument der Inklusion von Menschen mit Behinderungen.

Daneben steht die Einfache Sprache, die im internationalen Vergleich im englischsprachigen Raum der easy-to-read oder plain language, in Schweden dem lättläst entspricht. In Finnland ist selkokieli eine Form der finnischen Sprache, die von Inhalt, Wortschatz und Struktur so angepasst ist, dass sie leichter zu lesen und zu verstehen ist als die allgemein verwendete Sprache. Sie beruht auf allgemeinen Empfehlungen und Erfahrungen, hat aber kein festgelegtes Regelwerk. Die Anpassung von Stil und Wortschatz an die Bedürfnisse der Leser und Hörer steht hier im Vordergrund. Traditionell profitieren Finnischlernende sehr von Literatur in dieser leichten Sprachform.

Die Einfache Sprache in Deutschland will ebenso eine allgemeine verbesserte Verständlichkeit. Das Ziel der Vereinfachung kann unterschiedlich sein: ein bestimmtes sprachliches Niveau, wie z.B. für Sprachschüler, oder auch ein bestimmtes inhaltliches Niveau zur Erläuterung von Fachbegriffen oder Zusammenhängen kann angestrebt werden. Der Erfolg von Texten in einfacher Sprache hängt stark davon ab, ob die Zielgruppe des Textes klar bestimmt ist.

Es gibt bereits viele Informationsangebote in einfacher Sprache. Eine weitere Herausforderung besteht jedoch darin, „einfach“ zu reden. Das finnische Zentrum für leichte Sprache (Selkokeskus) hat diesen Aspekt erforscht. Wenn das Gegenüber niedrige sprachliche Kompetenzen hat, ist neben der einfachen Sprechweise der Einsatz schriftlicher und visueller Verständigungshilfen sinnvoll. In deutsch-finnischer Zusammenarbeit entstanden 2015 dazu Konzepte und Methoden für leicht verständliche Führungen. Daraus gingen Weiterbildungen in Museen in Nordrhein-Westfalen und neue Museumsangebote hervor. Sie nützen sowohl Sprachlernenden und Touristen als auch anderen Gruppen, die über niedrige sprachliche oder kommunikative Kompetenzen verfügen (z.B. bei Lernschwierigkeiten).

Neben den sprachlich-didaktischen Bemühungen um Verständlichkeit entscheidet die gezielte Zusammenarbeit mit den Gästen über die Qualität des Angebots. Dies erfordert neue, besucherorientierte Ansätze und Strukturen in der Öffentlichkeitsarbeit und bei der Konzipierung und Vermarktung von Kulturführungen und anderen Museumsangeboten.

 

Eeva Rantamo ist Kulturwissenschaftlerin, Projektkoordinatorin und Dozentin, stammt aus Finnland, lebt und arbeitet in Köln. Seit beinahe zwei Jahrzehnten hat sie sich auf Inklusion, die Zugänglichkeit, auf den Gebieten Kultur, Bildung und Tourismus spezialisiert. Sie arbeitet eng mit finnischen Fachleuten zusammen. 2014 gründete sie das Büro „Kulturprojekte – Inklusive Kulturarbeit“ in Köln.

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